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Rail Business 1+2/23 vom 9.1.2023, Seite 8


Malte Lawrenz, Vorsitzender des Güterwagenhalter-Verbandes VPI, über die Reihenfolge zu lösender Fragen bei der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) und die Verlängerung der DAK-Betriebserprobung.


Herr Lawrenz, wieder ging ein Jahr vorbei, in dem sich Branche und Politik nicht final zur Finanzierung der DAK einigten. Wie groß ist die Chance, dass das 2023 gelingt?

Die Finanzierung der DAK ist, wie das Projekt insgesamt, sehr komplex und gerade in Zeiten knapper Mittel kein einfaches Thema. Wichtig für ein solides Konzept ist, dass alle technischen Spezifikationen und deren Ausgestaltung feststehen, denn sie beeinflussen die Kosten in die eine oder andere Richtung. Wir werden erst alle technischen Fragen klären und im Anschluss dann das Thema der Finanzierung gemeinsam mit der Politik lösen.

Auf wem ruhen dabei Ihre Hoffnungen?

Bei allen beteiligten Akteuren herrscht Einigkeit, dass die Finanzierung nur aus einem intelligenten Mix bestehen kann. Hier müssen Gelder von der EU, den Nationalstaaten, den Unternehmen und aus weiteren Finanzierungs­elementen fließen, damit die immensen Investitionen gestemmt werden können.

Bei der Migration scheint für die „Einzelwagen“ die Version en vogue, sie für den Umbau vorzurüsten und in mobilen Werkstätten final umzubauen. Insgesamt müssen 500 000 Wagen umgerüstet werden. Halten das alle Akteure für machbar?

Sie werden bei jedem großen Projekt auch Skeptiker finden. In all meinen Jahrzehnten in der Branche habe ich allerdings noch nie so einen klaren Schulterschluss von Bahnen, Haltern und Politik erlebt. Wir sind von Anfang an den Weg gemeinsam gegangen – im European DAC Delivery Program (EDDP) ebenso wie im Konsortium DAC4EU. Das zahlt sich jetzt aus: Sektor und Politik stehen hinter den Lösungen, die hier entwickelt wurden.

Wie konkret sind die Planungen für ein solches Umrüstungsszenario?

Sehr konkret. Jeder, der an dem kürzlich stattgefundenen Workshop von Europe‘s Rail teilgenommen hat, konnte sehen, mit wieviel Akribie und Energie an umsetzbaren Szenarien gearbeitet wurde. Diese Workshops sind öffentlich und ich kann jedem nur empfehlen, daran teilzunehmen. Hier wird detailliert erläutert, wie die Umrüstung in der Praxis klappen kann.

Ende letzten Jahres haben Beteiligte die bisherigen Testergebnisse vorgestellt. Beim Rangieren am Berg ist ungewolltes Wiederkuppeln noch ein Problem, unvollständiges Entkuppeln könnte Effizienz und Langlebigkeit der DAK gefährden. Die laufende Betriebserprobung wurde wegen weiteren Testbedarfs um zwei Jahre bis Ende 2024 verlängert. Ist ein Start der flächendeckenden Umrüstung 2025 noch zu halten?

Erprobungen unter realistischen betrieblichen Bedingungen haben genau das Ziel, solche Testergebnisse hervorzubringen. So können wir schnell und effizient bestehende Unzulänglichkeiten beheben. Eine Verlängerung der Betriebserprobung wird das System deshalb besser machen und die DAK kann ohne Kinderkrankheiten an den Start gehen. Das muss 2025 sein, daran halten wir fest. Klar ist: Ohne die zügige Einführung der DAK können wir einen Marktanteil des Schienengüterverkehrs (SGV) von 25 % bis 2030 kaum erreichen – und damit auch nicht unsere Klimaziele.

Bei Ihrem VPI-Symposium in dieser Woche kommen auch Vertreter des Bundesverkehrsministeriums. Was erwarten Sie für 2023 vom Bund?

Wir erwarten deutlich mehr Tempo bei der Umsetzung der vielen wichtigen Maßnahmen, die etwa im Masterplan Schiene stehen. 2023 müssen die immensen infrastrukturellen Herausforderungen mit mehr Nachdruck angegangen werden. Eine robuste Schieneninfrastruktur ist die Basis des SGV. Da muss mehr passieren.